Kapitel 23 Das Fest

Du bist das Beste was mir je passiert ist.
Es tut so gut wie du mich liebst.
Ich sag’s dir viel zu selten,
es ist schön, dass es dich gibt.
Dein Lachen macht süchtig,
fast so als wäre es nicht von dieser Erde.

Silbermond – Das Beste

Einige tanzten mitten in der Menge. Sophann und Emma hatte ich wieder aus den Augen verloren. Dafür entdeckte ich jetzt Leinar. Er stand bei Ariella und Antonia. Ich hatte keine große Lust auf Ariella, aber mit Antonia hatte ich mich im Zug gut verstanden. Außerdem wollte ich unbedingt mit Leinar reden. Also ging ich zu den Dreien. Die Schwestern trugen beide rote Samtkleider. Die Zwillinge sahen total identisch aus. Beide hatten graugrüne Augen, blonde halblange Haare, eine schlanke Figur und sehr lange Beine. Es war schwer sie auseinander zu halten. Leinar passte farblich irgendwie gar nicht zu den beiden, aber dafür umso besser zu mir.
Er entdeckte mich als Erster, strahlte mich an und fragte mich: „Und, hast du Emma und Sophie schon gesprochen?“
„Nein noch nicht“, antworte ich ihm. „Aber ich würde gerne mit dir reden.“
Leinar nickte, entschuldigte sich bei den Mädchen, und zog mich quer durch die Menge. Wir standen schließlich in einer der hinteren Ecken des Saals.
„Was gibt’s denn?“, fragte er mich neugierig.
„Ich hab mich eben mit Fürst Cameron unterhalten“, erzählte ich ihm aufgeregt.
„Und?“, fragte er weiter.
„Er ist wirklich cool und möchte mir Privatunterricht geben.“
„Das ist doch nett von ihm. Ist sonst noch was?“
Wieso war Leinar plötzlich so schroff? Das passte so gar nicht zu ihm. Nervte ich ihn etwa?
„Hast du mit deiner Oma reden können?“, fragte ich Leinar.
„Müssen wir da wirklich jetzt drüber sprechen?“ Er wirkte immer genervter.
„Nein und ich will dich auch nicht weiter stören.“ Ei-gentlich hatte ich ihn noch nach seiner Mutter fragen wollen, aber das sparte ich mir nun. Stattdessen wandte ich mich zum Gehen. Doch Leinar griff nach meiner Hand, um mich aufzuhalten.
„Warte! So war das doch gar nicht gemeint!“
„Wie denn dann?“, fragte ich ihn und konnte nicht vermeiden, dass ich verletzt klang.
„Ich möchte doch mit dir über all das reden. Nur eben heute nicht. Nicht auf dieser Feier. Lass uns morgen darüber reden, okay?“ Leinar sah mich fast flehend an.
„Oh, verstehe. Geh du nur zu deiner Ariella.“ Ich hass-te mich dafür, dass ich so verbittert klang. Ich wollte Leinar vertrauen, aber ich konnte einfach nicht anders.
Leinar hielt hartnäckig meine Hand fest. „So ist es doch gar nicht. Ich habe nicht solche Gefühle für sie.“
Mein Herz machte einen Satz, aber ich versuchte so lässig wie möglich zu klingen, als ich sagte: „Wie du meinst. Das geht mich ja auch nichts an.“
„Doch tut es“, beharrte Leinar und dann tat er etwas, womit ich niemals gerechnet hätte. Er zog mich in seine Arme. Meinem Kleid gefiel das offenbar, denn es ver-formte sich so, dass es sich sanft an Leinars Körper schmiegte und uns nicht behinderte. Und dann küsste er mich. Und wie! Erst zärtlich und unglaublich vorsichtig und sanft und dann immer fordernder.
Und das vor all diesen Leuten. Gut. Hier in dieser Ecke waren wir ziemlich versteckt, aber trotzdem. Mir blieb buchstäblich die Luft weg. Als wir uns sanft vonei-nander lösten, ließ er mich nicht los, sah mir aber ein-dringlich in die Augen.
„Es geht dich was an, denn ich hab mich in dich verliebt.“
Das sagte er so, als sei es das selbstverständlichste auf der Welt. Als könnte es gar nicht anders sein und diese schlichten Worte gaben mir das Gefühl, was Besonderes zu sein.
„Oh Leinar“, seufzte ich überglücklich. Eigentlich konnte ich gar nicht fassen, dass er mich so an sich ran-ließ. Ich erwiderte seinen Blick und erklärte dann: „Ich hab mich auch in dich verliebt.“
Und dann umarmten wir uns wieder. Jetzt waren wir wohl wirklich Seelenliebende oder zumindest angehende Seelenliebende.
„Wow“, lächelte er und ich grinste. Er fragte: „Damit hättest du wohl nicht gerechnet, was?“
„Nein, wirklich nicht“, grinste ich zurück. „Aber ich bin froh, dass es so gekommen ist.“
„Ich auch.“ Er klang, als könnte er noch nicht ganz begreifen, was da eben passiert war. Dennoch wirkte er richtig ausgelassen und fragte mich: „Möchtest du tan-zen?“
„Aber gerne“, antwortete ich.

Also reichte er mir seine Hand und führte mich auf die Tanzfläche. Es kam gerade ein Liebeslied von einer Feenband. Leinar zog mich an sich und ich legte meinen Kopf an seine Schulter. Mein Herz klopfte wie wild und ich war ganz aufgeregt. Ich hatte noch nie so mit einem Jungen getanzt. Es wirkte irgendwie sehr intim. Viel zu schnell war das Lied vorbei. Leinar sah mir in die Augen und es lag so viel Gefühl darin. Leicht nervös, aber fröhlich grinste er mich an und löste sich dann ganz von mir. Wir verließen lächelnd die Tanzfläche.
Eigentlich wollte ich jetzt nur mit Leinar zusammen sein, aber ich wollte auch unbedingt noch mit Sophann und Emma reden und die Mädchen fragen, wie es ihnen ging. Ich hatte sie den ganzen Abend noch nicht gesehen.
Leinar zeigte sich verständnisvoll und ließ mich gehen. Zum Abschied flüsterte er nur: „Wir sehen uns ja in unse-rer Suite.“
Ich nickte und schenkte ihm ein Lächeln. Dann trenn-ten wir uns erneut voneinander.

Schließlich fand ich Sophann und Emma mit Lily in einer der ruhigeren Ecke sitzen.
„Hier steckt ihr also“, stellte ich zur Begrüßung fest.
Sie sahen mich an, als wäre ich eine Außerirdische, doch dann strahlte Sophann mich an: „Wow, du siehst ja toll aus.“
„Danke, ihr aber auch.“ Es stimmte. Selbst die un-scheinbare Sophann wirkte heute Abend wunderschön mit ihren Locken und dem geblümten grünen Kleid und den Blumenohrringen. Sie wirkte zum ersten Mal wie eine richtige Fee.
Emma hatte ihre Haare einfach ganz normal runter hängen lassen. Das reichte bei ihr schon aus um schön zu wirken. Ihr goldenes Engelkleid passte perfekt zu ihr und Lily sah richtig süß aus in dem schicken schwarzen Kleid, dass sie trug. Ihre schwarzen modisch geschnittenen Haa-re und die leichte Schminke in ihrem Gesicht rundeten ihr Aussehen ab.
„Ich hab euch die ganze Zeit über gesucht“, verkündete ich den Mädels nun.
„Ja klar“, Sophann lachte ausgiebig. „Deswegen hast du also so mit Leinar getanzt.“
„Das habt ihr gesehen?“, fragte ich sie.
„Na ja, es war kaum zu übersehen“, gab Sophann zu-rück.
„Ihr seid sogar farblich aufeinander abgestimmt.“
„Purer Zufall“, behauptete ich und wusste, dass ich nicht sehr überzeugend klang.
„Wie du meinst.“ Emma zuckte nachgiebig mit den Achseln und fragte mich dann: „Wieso seid ihr eigentlich nicht zusammen mit uns untergebracht?“
Da war sie! Die heikle Frage, vor der ich mich ge-fürchtet hatte. Doch mir war inzwischen eine relativ glaubwürdige Erklärung eingefallen. „Leinar und ich sind mit Cameron und Sena verwandt. Die beiden wollten, dass wir im selben Turm leben wie sie. Der Turm ist der damaligen Sternenkönigin Cassandra gewidmet.“
Sie sahen mich zwar etwas skeptisch an, ließen meine Aussage aber so stehen.
„Unser Turm ist Corly gewidmet. Sie lebt dort zu-sammen mit Austin, dem Lehrer. Austin ist zwar Lehrer für eine andere Stadt, aber Corly und Austin sind ein Paar. Eigentlich war Corly lange Zeit zusammen mit ihren Brüdern untergetaucht, aber vor etwa drei Monaten ka-men sie hierher und unterrichten jetzt hier. Ist das nicht toll?“, erzählte Sophann aufgeregt.
„Ja klar. Unglaublich, dass sie hier ist. Corly scheint echt nett zu sein“, bestätigte ich.
„Wir haben sie noch nicht wirklich kennen gelernt“, erklärte Emma nun. „Sie hat uns nur im Gemeinschafts-raum willkommen geheißen und uns erzählt, dass unser Turm Corella heißt.“
„Dann seid ihr also gut zurechtgekommen, seit wir ge-trennt wurden?“, wollte ich wissen.
„Ja“, nickten sie einstimmig und Lily fügte noch hinzu: „Es ist echt toll hier und so magisch.“
Da konnte ich ihr nur zustimmen.
Die Eröffnungsfeier ging bis zum frühen Morgengrau-en. Dann gingen wir in unsere Türme und Suiten. Wir legten uns in unser Bett. Leinar schlief fast sofort ein.
Es war schon komisch nicht mehr allein in einem Bett zu liegen. Anderseits hatten wir auch schon im magischen Zug eine Nacht nebeneinander geschlafen. Vielleicht war ich deswegen jetzt überhaupt nicht verlegen. Ich fand es schön. Leinar war mir noch recht fremd, doch er wirkte mir auch andererseits auch so vertraut. Als würden wir uns schon ewig kennen. Ich betrachtete ihn noch eine Weile. Er trug ein weites graues T-Shirt und eine schwarze Boxershorts.
Dann schlief ich auch ein in meinem langen kuscheligen roten Schlafanzug. Wir konnten morgen immer noch miteinander reden.
Jetzt war mir auch klar, wieso wir am zweiten Tag noch keinen Unterricht hatten.

Ich freu mich über jeden Zauberkommentar von euch.

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